Schauspieler Hanno Friedrich – Frage & Antwort

Drei-Blick
Frage & Antwort

Hanno
Friedrich

Schauspieler

Der Anfang

Hanno, du bist.. 

Schauspieler und Moderator, manchmal Musiker

Wie hat deine schauspielerische Laufbahn begonnen?

Klassisch. Feuer gefangen während der Schulzeit. Staatliches Schauspielstudium an der HdK, jetzt Universität der Künste, Berlin. Berufseinstieg 1993 mit einem Engagement am Staatstheater Oldenburg.

Hattest du in deiner Schulzeit auch andere Berufswünsche?

Ich hatte keinerlei Berufswünsche und auch keine wirkliche Vorstellung, wie es nach Schule und Zivildienst (1986-1988) weitergehen könnte.

Was waren deine prägendsten Momente auf beruflicher Basis und warum?

Das kann ich nicht wirklich konkretisieren. Mein erster Intendant hat mich sehr kritisch gefördert und gefordert. Ich konnte dadurch in meinen ersten vier Jahren im Engagement viel lernen, was auf der Schauspielschule zu kurz kam. Prägend war es immer dann, wenn jemand sagte, „Ich traue dir das zu“, auch wenn ich es mir selber nicht zugetraut hätte. Einschneidend war für mich die Rückkehr auf die Theaterbühne, nach sieben Jahren Fernsehen, 2009 als Bassa Selim in Mozarts Singspiel „Die Entführung aus dem Serail“ an der Oper Bonn. Eine völlig neue Erfahrung, danach hatte mich die Bühne wieder.

Was hast du für dich an Entwicklung während dieser Zeit mitnehmen können?

Frustrationstoleranz, eine sehr wichtige Eigenschaft. Und die Fähigkeit, mich mit Leidenschaft und Fleiß in etwas hineinzuschmeißen, was ich meiner eigenen Ansicht nach nicht beherrsche. Daraus ergeben sich dann oft neue Möglichkeiten oder im besten Fall Inspirationen.

 

Erfolge & Flops

Tja. Viel auf beiden Seiten. Ich habe große Bühnenrollen gespielt in Inszenierungen, die dann „Kult“ wurden, sehr oft waren das Musicals: „Linie1“, „Black Rider“, „Ein Käfig voller Narren“, „Shockheaded Peter“. Zuletzt habe ich für die Staatstheater Hannover und Wiesbaden Romane dramatisiert (zusammen mit meinem Kollegen und Regisseur Tilo Nest vom Berliner Ensemble), das wurden jeweils dauerausverkaufte Theaterabende. Da war ich dann plötzlich Theaterautor. Unser Musikkabarett "ABBA Jetzt!“ spielen wir seit 21 Jahren weiterhin erfolgreich im deutschsprachigen Raum. In den letzten Jahren spiele ich ausschließlich große klassische Stoffe, Lessing, Shakespeare, Cechov, Schiller, das empfinde ich als persönlichen Erfolg. Andererseits: Wer sich auf die Bühne oder vor die Kamera begibt, wird im Feuilleton besprochen und ich habe eine ordentliche Sammlung von Zeitungsartikeln, in denen ich verrissen wurde. Die Süddeutsche Zeitung schrieb über das „Sechserpack“: „Ein Schlagloch. Spielen wie Flasche leer.“ Mein Lieblingsstück: Oliver Kalkofe schrieb in der TV Spielfilm über „Die Hochzeits-Crasher“: „lieblos doof und schweinepeinlich (…) mit eigentlich sehr talentierten Darstellern in ihren peinlichsten Rollen. Einziger Trost: Die Quoten sind auch kacke!“ Das war allerdings tatsächlich furchtbar. Und nicht mein schlimmster Flop!


Vertrauen

Hättest du rückblickend etwas anderes gemacht?

Nein

Was sind die Schattenseiten im Schauspielbusiness?

Ich habe nach fast dreißig Jahren das Vertrauen entwickelt, dass auch nach einer langen und unerfreulichen Phase des Leerlaufs sich etwas Neues ergibt. Das heißt aber nicht, dass die Warteschleife angenehm ist. Die zeitweilige Tatenlosigkeit bleibt die größte Herausforderung.


Glück oder Talent

Hattest du in deiner Laufbahn mehr Glück oder Talent?

Ich habe oft Entscheidungen getroffen, die karrieretechnisch erst einmal falsch wirkten, dann aber zu etwas anderem geführt haben, was ich berufliches Glück nennen könnte. Ich vermag nicht, auseinander zu dividieren, welchen Anteil Zufall, Glück, Talent oder Können an den Erfolgen hatten.

Was ist Glück für dich?

In einem kreativen Umfeld an einem Sujet zu arbeiten, das mich interessiert und fordert, ohne hierarchische Grabenkämpfe oder feindselige Konkurrenzkämpfe – freundliche Konkurrenzkämpfe sind dagegen anregend. 


Skills

Was bedeutet Talent für dich?

Talent zu erkennen ist wahrscheinlich erlernbar, Talent zu beschreiben finde ich nahezu unmöglich. Vielleicht so: Die Gabe, auch eine schwierige Herausforderung mit Freude und Leidenschaft nicht komplett zu versemmeln.

Was sind deine stärksten Skills?

Analytisches Denken, schnelle Auffassung, Ausdauer. Und nichts geht ohne: Humor.

Was für Eigenschaften hast du in deiner Laufbahn vermehrt nutzen müssen und warum?

Die Offenheit für Herangehensweisen und Konzepte, die mich auf den ersten Blick befremden. Öfter ist das horizonterweiternd und verschafft mir idealerweise neue Mittel.

Du warst lange in der Sketch-Comedy “Sechserpack”- wie wurden die Caster
auf dich aufmerksam?

Der Castingprozess für die männlichen Rollen, die weiblichen waren gesetzt, war absolut klassisch. Es wurden sehr viele Schauspieler eingeladen, bevorzugt solche mit Theatererfahrung, dann gab es mehrere Castingrunden. Wer warum eingeladen wurde, entzieht sich meiner Kenntnis.

Wie hat dich diese Dreh-Phase über die Jahre geprägt und auf die anschließende Schauspiellaufbahn ausgewirkt?

Wie macht man etwas komisch? Wenn das so einfach wäre, wäre es einfach, gute Komödien zu schreiben und zu drehen. Ist es aber nicht. Beweis: es gibt zu wenige. Ich glaube aber, ich bin dem Geheimnis etwas näher gekommen. Ansonsten bin ich schneller geworden im Verstehen und Umsetzen szenischer Vorgänge. Und spontaner und freier während des Probens und Spielens. Und Text lerne ich inzwischen sehr schnell und mühelos.

Reich oder glücklich

Deine Lieblingsrolle

Am liebsten sind mir die Figuren, die nicht eindeutig sind, die ihren eigenen Widerspruch in sich tragen. Ganz plakativ: ein schwacher Täter, ein starkes Opfer, ein lustiger Depressiver, ein intelligenter Bindungsunfähiger
und so fort.

Dein Filmfavorit

Das finde ich ungerecht gegenüber all den anderen Filmen, die auch meine Lieblingsfilme sind, aber es muss ja wohl beantwortet werden. True Romance von Tony Scott, 1993. Geniale Schauspielleistungen bis in die kleinste Nebenrolle, eine wahnsinnige Dramaturgie, eine wunderschöne Liebesgeschichte, großartig brutale Leinwandmorde und ein Happy End, das wehtut. Patricia Arquette. Patricia Arquette!!!

Dein Schauspielvorbild

Ich verehre die völlig uneitle Verwandlungsfähigkeit von Gary Oldman und Sam Rockwell. Auf der Theaterbühne die Souveränität von Peter Simonischek.

Viele deiner Schauspielkollegen haben sich ein anderes Standbein gesucht und mit der Schauspielszene abgeschlossen. Warum denkst du kommt dies häufig vor?

Nur ein Prozent der Schauspieler wird reich in dem Beruf, nur zehn Prozent können gut davon leben, der Rest muss sich fragen, ob die Miete oder die tägliche Suppe oder die KiTa-Gebühren nicht leichter zu verdienen sind. 

Hast du jemals gedacht aufzugeben?

Nein

Was rätst du allen Schauspielneulingen?

Wenn es Dich glücklich macht zu spielen, geh an ein „Provinztheater“, mache Independent-Filme, vielleicht werden die Theater oder Filme irgendwann größer. Aber verlasse Dich nie darauf, dass das so bleibt. Sei bereit, wieder kleiner zu denken. Wenn Du berühmt werden willst, wenn Du wohlhabend werden willst, wenn Du ein Star werden willst:
vergiss es, das wird nicht passieren.

Was muss jemand deiner Meinung nach mitbringen, um in dieser Branche erfolgreich zu werden?

Erfolgreich werden ist kurzfristig wahrscheinlich gar nicht so schwierig. Wenn ich wüsste, wie man erfolgreich bleibt, hätte ich eins der größten Rätsel der Kulturgeschichte gelöst. Keine Ahnung. Vielleicht braucht man den Willen, sich ständig zu verändern und zu lernen und die Erkenntnis, dass man nichts verstanden hat.
Wieder eine ungerechte Frage. Wenn Du unbedingt willst: Der menschliche Makel (The Human Stain) von Philip Roth, 2000. Ein Roman, der existentielle Fragen stellt: was ist Wahrheit, was ist Wirklichkeit, was ist Gerechtigkeit, wer darf ich sein, wer muss ich sein und warum. Und warum glaubt man, gezwungen zu sein, eine Identität zu haben. Schmerzhaft. Selber lesen!

Die nächsten 20 JAhre sichern

Was machst du, wenn du nicht schauspielerst?

Lesen. Lesen. Musik hören. Lesen. Den Garten organisieren. Kochen. Jeden Film sehen. Alles über David Bowie und John Lennon lesen, was es gibt. Schlagzeug üben. Amerikanische Superhelden-Comics lesen und sammeln. Es gibt ein neues alkoholisches Getränk, muss ich kennen lernen. Fit bleiben. Musik hören.

Dein jetziges Leben in einem Satz?

Wenn der Tag beginnt, mache ich das, was ich mir vorgenommen habe oder auch nicht, damit ich am Ende des Tages genug Zeit habe, dass zu tun, von dem ich am Anfang des Tages noch gar nicht wusste, dass ich am Ende des Tages Lust darauf hätte oder etwas ganz anderes.

Dein Ziel für die nächsten 10 Jahre?

Die nächsten 20 Jahre sichern und den Trizeps und Pectoralis Major erhalten.

Zum Schluss die drei Leitsätze von Drei-Blick: Wie siehst du dich?

Manchmal ungern, manchmal gern.

Wie sehen dich andere?

Bitte alle anderen fragen.

Wie möchtest du gesehen werden?

Oft.

Dein Lieblingszitat
Wovon man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen. (Wittgenstein, „Logisch-Philosophische Abhandlung” (Tractatus logico-philosophicus)

Dein Schlusssatz
Schlusssätze sind mir unheimlich. Es ist niemals Schluss.
www.drei-blick.de
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